Händels Statue blickt auf die Moldaumetropole herab

Nicht nur der Geburtsort des Komponisten, sondern auch die tschechische Hauptstadt schmückt sich mit einer öffentlichen Statue Georg Friedrich Händels. Ähnlich wie in Halle ist der Händel-Statue in Prag ein prominenter Standplatz zugewiesen worden: von der Hauptgesimsbalustrade des am rechten Moldau-Ufer gelegenen Rudolfinums schaut der in einen langen Mantel gehüllte, seine typische Allongeperücke tragende Musiker mit einer gehobenen, distanzierten Geste auf das unruhige Menschengewimmel auf dem verkehrsreichen Jan-Palach-Platz im Herzen der hunderttürmigen Stadt herab.

Foto: Michal Fairaizl (1995).

Geschaffen 1883 bis 1884 in der Werkstatt des jungen Wiener Bildhauers Hans Rathausky steht die Sandsteinstatue Händels am linken Rande der Hauptgesimsbalustrade der Hauptfassade des Rudolfinums. Von links nach rechts folgen noch die Plastiken von Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven und Johann Sebastian Bach - in der damaligen Auffassung handelte es sich also bei diesen Tondichtern um die vier Tragpfeiler der europäischen Musikkultur. Insgesamt stehen auf der alle vier Seiten des Rudolfinums umlaufenden Balustrade die Sandsteinfiguren von sechzehn führenden Persönlichkeiten der europäischen bildenden Kunst und von sechzehn bedeutenden Komponisten: den obengenannten "großen Vier" leisten ferner Giovanni Pierluigi da Palestrina, Orlando di Lasso, Josquin Desprez, Tomas Luis de Victoria, Luigi Cherubini, Daniel François Esprit Auber, Christoph Willibald Gluck (ebenfalls von Hans Rathausky), Joseph Haydn, Franz Schubert, Carl Maria von Weber, Felix Mendelssohn-Bartholdy und Robert Schumann Gesellschaft. Obwohl diese große Gruppe von Porträtstatuen kaum einen besonders wertvollen künstlerischen Beitrag darstellt, ist deren Zusammensetzung und Anordnung vom historischen Gesichtspunkt ziemlich aufschlußreich.

Der Bildhauer Hans Rathausky (1858, Wien - 1912, Wien) war ein Meisterschüler Carl Kundmanns (1838-1919) an der Wiener Akademie. Zu seinen Hauptwerken gehören das Kaiserin-Elisabeth-Denkmal in Linz (Donau), das Adalbert-Stifter-Denkmal daselbst sowie das Karl-Wurmb-Denkmal in Salzburg.

Das graziöse, 1990-1992 gründlich renovierte Gebäude des Rudolfinums, nach dem Nationaltheater die schönste Schöpfung der Prager Neorenaissance, wurde in den Jahren 1876-1884 nach einem Entwurf der Architekten Josef Zítek (1832-1909) und Josef Schulz (1840-1917) von dem Prager Stadtbaumeister Jan Bělský (1815-1880) und dessen Erben auf Kosten der Böhmischen Sparkasse errichtet. Seinen Namen erhielt der Neubau zu Ehren des österreichischen Kronprinzen Rudolf (1858-1889), Sohn des Kaisers Franz Josef I., und der prunkvolle Komplex war ursprünglich zum Sitz der Bildergalerie der Gesellschaft der patriotischen Kunstfreunde, des Kunstgewerbemuseums und des Konservatoriums bestimmt. In der modernen Geschichte hat das Rudolfinum eine wichtige Rolle gespielt: 1918-1939 und 1945-1946 diente es als Tagungsort des Abgeordnetenhauses der tschechoslowakischen Nationalversammlung. Heute ist hier, nebst einer Galerie, die Tschechische Philharmonie angesiedelt.

Im hiesigen, 1884 fertiggestellten Dvořák-Saal, einem der prächtigsten Konzerträume der Tschechischen Republik (mit einer Kapazität von 1200 Sitzplätzen), veranstaltet man maßgebende musikalische Ereignisse mit internationaler Ausstrahlung, vor allem während des Festivals "Prager Frühling". Der geräumige, reich geschmückte Saal ist übrigens öfters auch der Schauplatz verschiedener Händel-Produktionen gewesen; im vergangenen Jahr waren dies eine konzertante Aufführung der Oper "Amadigi di Gaula", HWV 11, und des Oratoriums "Messias", HWV 56.